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Der lange Weg

 

DesertEr war nun schon seit wer weis wie vielen Tagen ohne Wasser und Nahrung durch diese, nie enden wollende, öde Landschaft gewandert oder besser gesagt hatte er versucht seinen dahinsiechenden Körper Meter um unendlich langen Meter weiter vorwärts zu schleppen. Es war im schon gestern klar geworden, dass er hier ganz allein, abgesehen von der Anwesenheit von Kleingetier und von, auf seinen Kadaver lauernden, Geiern sterben würde, ohne dass er viele Anzeichen, die auf seine Wanderung durch diesen Teil einer, für ihn schon seit so langer Zeit trostlosen Welt hindeuten würden, hinterlassen würde. Langsam faßt er sich, mit einer müden Bewegung der rechten Hand an den schon so von der Sonne verbrannten und durch seinen Hunger ausgemergelten Kopf, um das Tuch, dass er als Sonnenschutz benutzte wieder zurecht zu ziehen. Erst da bemerkt er, daß er es wohl in den letzten Stunden irgendwo verloren hat, ohne Hoffnung es je wiederfinden zu können.

Wieder und wieder konzentriert er sich darauf einen Fuß vor den anderen zu setzen, mit gebeugtem Kopf und hängenden Schultern, ohne zu sehen in welche Richtung er überhaupt läuft. Der Gedanke, daß er vielleicht im Kreis laufen könnte, erzeugt nur noch ein leichtes Erschauern, er hat einfach keine Wahl mehr, jetzt heißt es nur noch weiter laufen, solange bis er sich nur noch robbend fortbewegen können wird und er irgendwann dann schließlich komplett zusammensackt und sich ganz langsam seine Sinnesorgane von ihren Diensten verabschieden und er endlich diese qualvolle Reise durch ein, von seinen Gedanken und Träumen erzeugtes Chaos beenden können wird. Aber bis dahin liegt noch ein unendlich weiter Weg vor ihm, der mit jedem Schritt den er zurücklegt auf eine paradoxe Art und Weise immer länger zu werden scheint.

Ein Fuß vor den anderen. Weiter und weiter und weiter. Die Erlösung wird kommen, aber bis dahin muß er noch durchhalten. Immer wieder träumt er von sich im Wind wogenden Wiesen, die noch unberührt sind von der Hand des Menschen, er sitzt auf einer Klippe, unter ihm tobt das Meer, seinen ewigen Kampf gegen die riesigen Landmassen fortführenden, ein Heer, daß mit einer gemeinsamen, großen, geballten Faust immer und immer wieder auf seine schier unbezwingbaren Gegner einschlägt und sie, durch seinen unbeugsamen Willen Stück für Stück unter sich begräbt, er sieht sein Haus, seine Freunde, seine Familie, er fliegt über Gegenden, die er seit seiner Kindheit schon kennt und doch wirken sie so, als hätte er sie noch nie zuvor gesehen, hügelige Landschaften gespickt mit kleinen Wäldern werden abgelöst von gigantischen Waldmeeren, diese wiederum werden von sich auftürmenden, zerklüfteten Bergmassiven, auf denen man Schnee und Eis erkennen kann unterbrochen.

Hatte er es endlich geschafft war dies, die so sehr herbeigesehnte Erlösung, war dies nun endlich das Ende seines langen schmerzhaften Weges.

Weiter und weiter, ein Schritt und dann noch einer und noch einer. Er stellt fest, dass er seine Beine nicht mehr spüren kann und ist erstaunt, dass sie sich dennoch weiter fortbewegen. Auch scheint der Rest seines Körpers wie taub, als würde sich sein Geist schon Stück für Stück aus seinem Körper zurückziehen und in eine andere, vielleicht bessere Welt hinübergleiten, langsam, noch zusehend, wie sein Körper stirbt, diese Hülle, die er nun endlich abstreifen kann und befreit ein anderes Stadium seiner selbst erreicht.

Seine Gedanken scheinen ihm so klar, wie nie zuvor in seinem Leben, er weiß Dinge, die er schon längst vergessen geglaubt hatte. Erinnerungen seines bisherigen Daseins durchströmen ihn in wahren, riesigen Flutwellen, schütteln seinen Astralkörper, reißen ihn mit sich und schwemmen ihn an ungeahnte Ufer. Sich selbst in diesem Strom verlierend, läßt er nahezu widerstandslos alles über sich ergehen und beginnt sich an diesem herrlichen Treiben, fast schon mit kindlicher Freude zu berauschen.

Erlösung?

Ja
Nein

In einer einsamen, öden Gegend liegt ein von Geiern zerfledderter Leichnam. Die Augen wurden ihm rausgepickt und die Sonne scheint seinen ganzen, ausgedörrten Körper verbrannt zu haben. Man meint ein Lächeln auf seinen aufgeplatzten Lippen erkennen zu können, aber durch die Verwesung wirkt es auf den Betrachter mehr diabolisch als fröhlich. Ein Anblick, der einen Schauern lässt. Die Sonne brennt ununterbrochen auf die Szene herab, zerfrisst, so scheint es, mit ihren Strahlen sämtliches Leben, und im Hitzeflimmern meint man die, sich vorm Tode sträubenden Seelen, der bereits von dem todbringenden Stern dahingerafften zu erkennen, die sich noch immer an ihrem nunmehr vergangenen Leben festhalten wollen.

Erlösung?

Nein
Ja

Tod...

 




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